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Im Museum Kirche zum Heiligen Kreuz ist das Große Zittauer Fastentuch von 1472 in der größten Museumsvitrine der Welt (Guinness-Buch der Rekorde) ausgestellt. Von den wenigen Museen weltweit, die ein Fastentuch besitzen, kann es nur hier in seiner ursprünglichen Funktion der Altarverhüllung gezeigt werden. Das 8,20 m hohe und 6,80 m breite Tuch erzählt in 90 Bildern die biblische Geschichte von der Erschaffung der Welt bis zum Jüngsten Gericht. Neben dem Teppich von Bayeux gehört es zu den eindrucksvollsten textilen Kunstwerken der abendländischen Überlieferung. Von den insgesamt noch 18 Fastentüchern dieser Art ist es das einzige, das sich in Deutschland erhalten hat. Die mehr als 600 Jahre alte Begräbniskirche bietet mit ihrer kostbaren frühbarocken Ausstattung, den zahlreichen Grablegen und Epitaphen sowie dem musealen Friedhof zudem ein einzigartiges Zeugnis bürgerlich-städtischer Sepulkralkultur.

 

Das Große Zittauer Fastentuch ist eine Votivgabe des Zittauer Gewürz- und Getreidehändlers Jacob Gürtler, der sich am linken unteren Rand vor einem Tisch mit Gewürzsäckchen und einer Waage in der Hand abbilden ließ. Von 1472 bis 1672 verdeckte es jedes Jahr zwischen Aschermittwoch und dem Karsamstag den Altarraum der Zittauer Hauptkirche St. Johannis. Obwohl Martin Luther Fastentücher zum „päpstischen Gaukelwerk“ zählte und sie aus den Kirchen verbannt wissen wollte, überstand das Tuch die Reformation schadlos. Insofern kann es auch als ein Zeichen der toleranten Gangart der Konfessionalisierung verstanden werden, die in der Oberlausitz ganz anders verlief, als im übrigen Europa.

Glücklicherweise veranlasste irgendjemand, dass das Tuch nach seinem letztmaligen Gebrauch in einen Raum des ehemaligen Franziskanerklosters gebracht wurde. Als später dort die Ratsbibliothek eingerichtet wurde, verschwand es hinter den Bücherregalen und wurde vergessen. Als am 23. Juli 1757 die Stadt lichterloh brannte und 80 Prozent der Gebäude, darunter auch die Johanniskirche, ein Opfer der Flammen wurde, blieben das Kloster und damit auch das Fastentuch wie durch ein Wunder verschont.

Als man das riesige Fastentuch 1840 zufällig wieder entdeckte, war das eine Sensation. Der spätere sächsische König Johann erbat es als Leihgabe für das Museum des Königlichen Sächsischen Altertumsvereins, das im Palais im Dresdener Großen Garten seine Heimstatt hatte. Dort galt es für 34 Jahre als ganz besondere Sehenswürdigkeit. 1876 nach Zittau zurückgeholt und zu nur besonderen Anlässen gezeigt, war es 1933 zum letzten Mal unversehrt anlässlich der Tausendjahrfeier der Oberlausitz in der Kirche zum Heiligen Kreuz zu sehen.

Sechs Jahre später brach der Zweite Weltkrieg aus. Im Februar 1945 brachte man das kostbare Exponat vor der näher rückenden Front in ein Kellergewölbe der Burgruine auf dem Berg Oybin in Sicherheit. Im Mai fanden es sowjetische Soldaten, zerrissen es und verwendeten die Stoffteile als Abdichtung für eine provisorisch im Wald errichtete Sauna. Nach ihrem Abzug ließen sie das zerfetzte, in den Schmutz getretene und in Teilen bis zur Unkenntlichkeit verblasste Tuch einfach liegen. Ein alter Mann fand es und organsierte, dass es ins Zittauer Museum zurückgebracht wurde. In den folgenden Jahrzehnten umgab eine Hecke des Schweigens diesen sowjetischen Kulturfrevel. Vor der Wende wenigstens gereinigt, bescherten glückliche Umstände 1993 den Kontakt zu den Textilrestaurierungswerkstätten der Schweizer Abegg-Stiftung. Dort erkannte man den europäischen Rang des Tuches und erklärte sich bereit, es unentgeltlich zu restaurieren. Seit 1999 wird das Große Zittauer Fastentuch im Museum Kirche zum Heiligen Kreuz in der größten Museumsvitrine der Welt (Guinness-Buch der Rekorde) dauerhaft ausgestellt.

Das Große Zittauer Fastentuch
Das Große Zittauer Fastentuch | Foto: Tourismuszentrum Naturpark Zittauer Gebirge GmbH